Hilfe, ich habe Fructoseintoleranz!
Mit Bauchschmerzen zum Arzt gegangen und mit der Diagnose Fructoseintoleranz wieder aus der Praxis gekommen. Erst einmal: Keine Panik! Mit etwas Zeit und Übung lässt sich eine Fructosemalabsorption gut in den Griff bekommen und ein weitgehend beschwerdefreies Leben führen.
Wichtig ist zunächst die Unterscheidung von der hereditären Fructoseintoleranz, einer sehr seltenen und bereits unmittelbar nach der Geburt auftretenden Erbkrankheit. Sie erfordert von den Betroffenen eine lebenslange, strenge Diät.
Die intestinale Fructoseintoleranz oder auch Fructosemalabsorption ist deutlich häufiger und kann sich auch im fortgeschrittenen Alter erstmals bemerkbar machen.
Was ist die Ursache?
Bei der intestinalen Fructoseintoleranz liegt ein Defekt im GLUT5- Transportsystem vor. Dadurch funktioniert die Aufnahme von Fructose aus dem Darm nur unzureichend oder gar nicht.
Was bedeutet das genau?
GLUT5 und auch GLUT2 sind spezielle Proteine, die sich in der Dünndarmwand befinden. Sie sind verantwortlich für den Transport von Fructosemolekülen in der Nahrung aus dem Darm in die Blutbahn. Sind diese Transporter defekt oder arbeiten nicht ausreichend, verbleibt Fructose im Darm. Zusätzlich zur Fructose, kann GLUT2 auch Galactose und Glucose, also andere sogenannte Einfachzucker, transportieren. Bei erhöhter Zufuhr von diesen Einfachzuckern bildet der Körper mehr dieser Transporter aus. Das ist auch der Grund für die Empfehlung nicht vollkommen fructosefrei zu essen. Wird weniger Fructose vom Körper aufgenommen, werden weniger Transportproteine gebildet und die Fähigkeit Fructose aufzunehmen sinkt weiter. Eine gemäßigte und individuell angepasste Menge von Fructose erhält die Bildung der Transportproteine aufrecht.
Interessant ist auch: Ab einer bestimmten, individuell unterschiedlichen Menge Fructose ist dieses Transportsystem auch in “gesunden” Menschen überfordert. Es kommt zu ähnlichen Symptomen wie bei Fructoseintoleranten.
Warum treten Symptome auf?
Dass Fructose im Darm verbleibt, klingt zunächst nicht weiter dramatisch. Mit den restlichen nicht verdaulichen Bestandteilen der Nahrung gelangt der Fruchtzucker vom Dünndarm in den Dickdarm. Dort bietet er Bakterien eine willkommene Nahrung. Leider bilden diese bei der Verwertung der Fructose Wasserstoff, Kohlenstoffdioxid und kurzkettige Fettsäuren. Das Kohlenstoffdioxid verursacht dann Blähungen und einen aufgeblähten Bauch. Fettsäuren können unterdessen Durchfall auslösen. Aber auch die nicht von Bakterien verstoffwechselte Fructose kann im Dickdarm Probleme bereiten. Sie reagiert mit anderen Stoffen im Darmraum zu Verbindungen, die Wasser anziehen. Es kommt zu einem sogenannten osmotischen Effekt. Das bedeutet: Wasser strömt in Richtung dieser Verbindungen, also in das Darminnere. Dieses wird nicht mehr resorbiert und es folgen weicher Stuhl oder gar Durchfall.
Wie sieht die Therapie aus?
Da der Körper nicht in der Lage ist die Fructose komplett aufzunehmen, ist eine fructosereduzierte Ernährung wichtig. Nach der Diagnose ist zunächst eine sogenannte Karenzzeit empfohlen. Während dieser zwei bis vier Wochen sollte eine strenge Fructosediät eingehalten werden. Danach sollten möglichst alle Symptome verschwunden sein. Im Anschluss an diese Phase tastet man sich langsam an die persönliche Toleranzgrenze für Fructose vor. Im Idealfall geschieht dies mit einer Ernährungsberatung durch ausgebildetes Personal oder einen Facharzt. Es ist wichtig nicht völlig auf Fructose zu verzichten, um die Intoleranz nicht zu verstärken.
Auf Sorbit hingegen sollte möglichst komplett verzichtet werden. Dieser häufig in Fertiggerichten und vor allem Getränken enthaltene Zuckeraustauschstoff wird zum einen im Körper in Fructose umgewandelt. Zusätzlich kann er vermutlich dazu führen, dass GLUT5 Transporter blockiert werden. Dadurch führt Sorbit zu einer weiteren Verringerung von Aufnahmekapazitäten bei Fructose.
Was darf ich essen und was nicht?
Diese Frage lässt sich pauschal nicht beantworten. Da jeder Mensch anders ist, ist es schwer vorhersehbar welche Mengen Fructose man verträgt. Generell sollte die Ernährung fructosereduziert, aber keinesfalls fructosefrei sein.
Das deutsche Wort Fruchtzucker lässt es bereits vermuten: Fructose findet sich vornehmlich in Früchten. Aber aufgepasst, nicht jede Frucht ist gleich unverträglich. Manche Obst- oder Gemüsesorten bereiten trotz eines relativ geringen Fructosegehalts vielen Betroffenen Schwierigkeiten. Andere wiederum haben ein günstiges Verhältnis von Fructose zu Glucose und werden trotz ihres vergleichsweise hohen Fructosegehalts besser vertragen. Dies liegt daran, dass Glucose sich positiv auf die Aufnahme von Fructose auswirkt.
Einige grundlegende Regeln gibt es: Sorbit (E420), sowie Mannit (E421) oder Xylit (E976) sollte man meiden, Aspartam hingegen kann man zum Süßen verwenden. Ansonsten gilt wie fast überall: Alles in Maßen und am besten nicht alles auf einmal. Eine Verteilung von fructosehaltigen Speisen über den Tag wird meist besser vertragen, als eine „große Portion“ Fructose.
Besonders zu Beginn ist es sinnvoll sich an Tabellen zu orientieren, um einen groben Überblick zu erhalten, was gut verträglich ist und was weniger. Auch der Austausch mit anderen Betroffenen, beispielsweise über Facebookgruppen, kann hilfreich sein.
Welche gesundheitlichen Folgen muss ich erwarten?
Bisher gibt es keine mit Fructosemalabsorption assoziierten Folgekrankheiten. Mit einer gut eingestellten Ernährung sollte man beschwerdefrei leben können.
Auch ein häufig befürchteter Mangel an Vitaminen oder Spurenelementen ist selten. Bei Betroffenen ab etwa 35 Jahren kann es mitbedingt durch eine geänderte Darmflora zu einem Folsäuremangel kommen. Ein Arzt oder eine Ärztin kann Aufschluss darüber geben und bei der Auswahl eines Nahrungsergänzungsmittel beratend zur Seite stehen.
Einige Studien haben einen Zusammenhang zwischen vermehrten Depressionen oder depressiven Zuständen und Fructosemalabsorption festgestellt. Dies ist womöglich auf eine Reaktion im Darm zurückzuführen. Die nicht aufgenommen Fructose reagiert dort mit Tryptophan, was zu einem Mangel desselben führt. Tryptophan wiederum ist ein Hauptbestandteil des Glückshormons Serotonin, welches dann nicht mehr ausreichend gebildet wird. Bei vermehrten, depressiven Phasen sollte man sich nicht scheuen den behandelnden Arzt darauf anzusprechen.